Fallstudie 2 – Schreibschichten und Invarianz
Nachdem der erste Prototyp am Beispiel von Beethovens Op. 111 getestet worden war und weitere Forschungsarbeit an neuen Variantenstellen sowie die Weiterentwicklung im Bereich der Terminologie zu neuen Beobachtungen geführt hatten, ergab sich die Notwendigkeit, den Prototyp für ein nächstes Beispiel umzugestalten und den neu gewonnenen Erkenntnissen Raum zu geben. Dieser zweite Entwurf des Prototyps wurde im Projekt mit Hilfe von Beethovens Werkstatt-Autograph (Beethoven-Haus Bonn BH 62) zum zweiten Satz des Streichquartetts op. 59,3 erarbeitet. Auf Seite 18 dieses im Jahre 1806 entstandenen Manuskripts findet sich eine Textnarbe, bei der Beethoven ein Textsegment zunächst durchstreicht und im Anschluss daran neuformuliert. Schon in seinem nächsten Arbeitsschritt restituiert er diese bereits gestrichene Stelle allerdings wieder: Ein mit Streichungen versehener Textteil des Manuskripts ist also als gültig zu erachten.
Die Veränderungen in der Nutzeroberfläche sind geringfügig, das Datenmodell im Hintergrund beinhaltet einige umfangreichere Änderungen.
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Wie funktioniert der Prototyp 2

Screenshot des in diesem Jahr erweiterten Prototyp 2, der anhand einer Variantenstelle in der Werkniederschrift des Streichquartetts Op. 59,3 (Beethoven-Haus Bonn, BH 62) erarbeitet wurde.
2. Info-Fenster: Wird ein beliebiges Zeichen im Faksimile angeklickt, öffnet sich an dieser Stelle das Info-Fenster. Es erläutert die Bedeutung des Zeichens und gibt an, in welchem Zusammenhang das Zeichen vom Komponisten hinzugefügt und wann es evtl. wieder getilgt wurde. Zudem kann darüber die zugehörige Note in der Transkription angezeigt oder Verweiszeichen gefolgt werden. Auch ist die Anzeige des Zeichens in der Codierung möglich.
3. Darstellungsmodus: Hiermit kann zwischen den Darstellungsmodi „Variantenabfolge“ (siehe 4.), „Schreibprozess“ (siehe 5.) und „Invarianz“ (siehe 6.) gewechselt werden. Außerdem kann die farbliche Hervorhebung der einzelnen Varianten ausgewählt werden.
4. Variantenanzeige: Die Varianten werden in einer redigierten Transkription angezeigt, die einerseits der Lesbarmachung und Verständlichkeit der Variantenstelle dient. Andererseits wird durch die Abbildung der Varianten in der Reihenfolge ihrer Entstehung die Textgenese rekonstruiert. Die einzelnen Varianten können eingeklappt werden, was den direkten Vergleich zweier nicht unmittelbar aufeinander folgender Varianten erleichtert.
5. Schreibprozess: In diesem Fenster werden in der Transkription die Textschichten, aus denen sich die einzelnen Varianten zusammensetzen, farblich hervorgehoben. Dazu korrespondierend sind die Schreibschichten im Faksimile eingefärbt. Dadurch wird verdeutlicht, wie Beethoven bestehende Zeichen oder auch größere Teile des Notentextes abändert und wiederverwendet und welche Textteile er neu schreibt. Die den einzelnen Transkriptionen beigegebenen, ausblendbaren Beschreibungen erläutern zusätzlich die Schreibprozesse.
6. Invarianz: Ergänzend zum Textschichten-Fenster, in dem die skripturale Entwicklung veranschaulicht wird, stehen im Invarianz-Fenster das kompositorische Problem und die von Beethoven erprobten Lösungswege im Vordergrund. Zur Verdeutlichung werden in der Transkription die Textsegmente, die in den Varianten gleich bleiben, mit jeweils gleichen Farben markiert. Dadurch ist in dem hier dargestellten Beispiel erkennbar, aus welchen Teilen der vorangegangenen Varianten sich die letzte gültige Variante zusammensetzt.
7. Codierung: Die dem Prototyp zugrunde liegende MEI-Codierung kann hier vollständig eingesehen werden.