5. Klavierkonzert Es-Dur op. 73

Datierung/Entstehung

Beethoven komponierte das 5. Klavierkonzert, op. 73, im Wesentlichen im Jahr 1809, nachdem er mit der Skizzierung Ende des Jahres 1808 begonnen hatte. Letzte Revisionen und Umarbeitungen erfolgten in der ersten Jahreshälfte 1810. Er widmete das Konzert seinem Mäzen und Schüler, Erzherzog Rudolph, mit dem er im Unterricht das Arbeitsmanuskript[1] gründlich studierte, wie die Generalbassbezifferung und diverse Einträge belegen. Beethoven hatte für das Klavierkonzert zwei Paralleleditionen in Stimmen für November 1810 vorgesehen: eine Londoner und eine Leipziger Ausgabe. Während sich Clementi in London an diesen Termin hielt, verzögerte sich die Herausgabe bei Breitkopf & Härtel. Zwar kündigte der Verlag die Veröffentlichung ab Ende 1810 an, die Leipziger Ausgabe erschien aber frühestens im Februar 1811 und danach in einer revidierten Ausgabe im Mai 1811.
Weder für die Londoner noch für die Leipziger Ausgabe ist die Stichvorlage überliefert. Küthen mutmaßt, dass die Stichvorlagen als „Partituren der Orchesterstimmen mit separat ausgeschriebenen Solostimmen“[2] angelegt wurden.

Ausgangs- und Zieldokument

Sowohl die Londoner als auch die Leipziger Originalausgabe liegt in Exemplaren „ante revisionem“ und „post revisionem“ vor. Zu den Revisionen der Londoner Clementi-Ausgabe gibt es keine Hinweise, dass Beethoven daran beteiligt gewesen wäre. Zum Revisionsprozess der Ausgabe von Breitkopf & Härtel hingegen sind verschiedene Revisionsdokumente Beethovens überliefert. Beethoven bat bereits im Oktober 1810 um Probedrucke und die Stichvorlage zur Korrektur,[3] ohne dass der Verlag dieser Bitte nachkam. Erst als der Komponist mit Erscheinen der Leipziger Originalausgabe Belegexemplare erhielt, teilte er dem Verlag mehrere Revisionen die Solostimme betreffend (Revisionsdokument A) und eine Änderung in dem als Direktionsstimme angelegten Violinpart (Revisionsdokument B) mit. Als Auslöser und mithin als Textgrundlage für Beethovens Revisionen ist also die Leipziger Originalausgabe anzunehmen. Sie repräsentiert einen Textzustand „ante revisionem“ und dient Beethoven als Ausgangsdokument. Die Monita beider Revisionsdokumente wurden von Breitkopf & Härtel berücksichtigt und ohne Ausnahme eingearbeitet. Die Änderungen führten zu einer verbesserten Neuauflage (Zieldokument, erschienen im Mai 1811). Sie enthält den Zieltext „post revisionem“.
Die Klavierstimme enthält zur Orientierung Stichnoten, die den musikalischen Verlauf des Orchestersatzes andeuten. Im Unterschied zur Londoner Clementi-Ausgabe, und wohl im Sinne einer alten Stichpraxis,[4] wurden in der Leipziger Ausgabe bei den im Klavier integrierten Stichnoten für die Orchesterstimmen von Tutti-Passagen die Noten im unteren Klaviersystem – der zeitgenössischen colla-parte-Praxis folgend – als Hauptnoten gestochen, während Noten im oberen System im dafür üblichen Kleinstich wiedergegeben sind.

Revisionsdokumente

Von Beethoven sind zwei im Zusammenhang mit der Leipziger Originalausgabe stehende Revisionsdokumente überliefert: A) Eine Liste[5] mit Revisionen der Solostimme und B) ein Brief[6] mit einer Änderungsanweisung für die Violinstimme.
Bereits Anfang Mai 1811 monierte Beethoven in einem Brief an Breitkopf & Härtel Fehler in der Ausgabe und schrieb, dass „schon vorgestern […] die Korrektur des Konzerts von hier fort“[7] gegangen sei. Die Revisionen hatte Beethoven also wenige Tage zuvor an den Verleger geschickt. Ob Beethoven dabei tatsächlich Revisionsdokument A an Breitkopf & Härtel sendete, oder es sich bei Dokument A lediglich um eine interne Vorlage oder Kopie des an den Verleger gesendeten Revisionsdokumentes handelt, lässt sich nicht mit Gewissheit feststellen. Beethoven könnte dem Verleger auch ein Exemplar der Ausgabe mit handschriftlichen Revisionen übermittelt haben. Da in der Leipziger Originalausgabe post revisionem zahlreiche weitere Änderungen vorgenommen wurden (siehe den Druckplattenvergleich mit Hilfe von CollAna), die nicht auf eines der überlieferten Revisionsdokumente zurückzuführen sind, könnte es weitere, nicht erhaltene Revisionsdokumente gegeben haben.
Revisionsdokument A umfasst insgesamt 25 Monita in Listenform, die jeweils mit Kontextzitat, Änderungsimperativ und weitestgehend mit Marginalie aufgeführt sind. Zudem finden sich vereinzelt Angaben zum Textort (z. B. „1tes tutti“). Alle Änderungswünsche sind mit Ausnahme des letzten Monitums auf S. 2 der Liste (Rondo, T. 342) chronologisch geordnet, beziehen sich auf die Solostimme und umfassen Änderungen sowohl im Klavier als auch in den zur Orientierung beigefügten Orchesterstimmen. In einem Brief[8] (Revisionsdokument B) vom 6. Mai 1811 an den Verleger machte Beethoven auf eine weitere Korrektur in der Violinstimme aufmerksam.
Beide erhaltenen Revisionsdokumente beziehen sich auf die Korrektur der Leipziger Ausgabe von Breitkopf & Härtel. Es sind keine Revisionsdokumente zur Londoner Clementi-Ausgabe bekannt. Dass die Leipziger und die Londoner Ausgabe auf unabhängig voneinander und zu verschiedenen Zeiten vom Autograph abgeschriebene Stichvorlagen zurückgehen, zeigt sich auch in den unterschiedlichen Textgestalten der beiden Ausgaben. Obwohl die Londoner Stichvorlage früher vom Autograph abgeschrieben und nach London geschickt worden sein dürfte (Küthen vermutet etwa am 31. März 1810)[9], waren nur zwei der von Beethoven angemahnten Stellen auch in der Londoner Ausgabe ante revisionem falsch (Rondo, T. 125, Pfte o, und Rondo, T. 342f., 346f., Pfte o und Stichnoten V I). Ein weiterer Vergleich zeigt, dass die Londoner Ausgabe (sowohl ante als auch post revisionem) auf Verlängerungsstriche, Arpeggiozeichen und Generalbassziffern verzichtet.

Quellen

Literatur


Anmerkungen

[1] D-B, Mus. ms. autogr. Beethoven, L. v. 15.

[2] Küthen, NGA III/3, Kritischer Bericht, S. 42.

[3] BGA 472 vom 6. Oktober 1810 und BGA 474 vom 15. Oktober 1810.

[4] Vgl. Küthen, NGA III/3, Kritischer Bericht, S. 38.

[5] US-NYj, 31 B393cp no. 5 errata.

[6] D-BNba, Slg. H. C. Bodmer, HCB BBr 9; BGA 496, 6. Mai 1811.

[7] BGA 495, vor dem 3. Mai 1811.

[8] BGA 496.

[9] Vgl. Küthen, NGA III/3, Kritischer Bericht, S. 43.