Listenansicht der Plattenrevision

Druckplattenvergleich mit dem Kollationstool CollAna

Zusätzlich zur Untersuchung der Textentwicklung anhand der überlieferten Revisionsdokumente durch die VideApp_rev wurde im dritten Modul ein optischer Druckplattenvergleich zu Op. 73 durchgeführt. Das Ziel war es, alle weiteren Revisionen, die über die Monita der überlieferten Revisionsdokumente hinausgehen, zu finden und diese systematisch zu sortieren. Hierdurch wurde deutlich gemacht, wie viele Textänderungen in der Revisionsphase nach der ersten Drucklegung vorgenommen wurden.
Das Ergebnis wurde nach Instrumentengruppen sortiert und in drei Tabellen (Pianoforte, Streicher und Blasinstrumente) aufgelistet. Jede Tabelle enthält acht Spalten zu Instrumentenkürzel, Ortsangabe, Textoperation, Klassifizierung, Revisionsobjekt, MonitumCollAna und die Angabe der Seitenzahl sowie des Notensystems zur Lokalisierung der Stelle in der Ausgabe.
Die Spalten „Instr.[ument]“ und „Ortsangabe“ dienen als inhaltliche Orientierungshilfe wie in der Listenansicht der VideApp_rev. Die zusätzlichen Angaben zur Seiten- und Systemzahl dienen als Lokalisierungshilfe, um die geänderten Zeichen auf der Seite schnell auffinden zu können. In den Spalten „Textoperation“ und „Klassifizierung“ wurde der Inhalt der jeweiligen Revision kategorisiert. In der vorletzten Spalte „CollAna“ wurden alle durch den Druckplattenvergleich gefundenen Differenzen in Form von Bildschirmfotos aus der von Anastasia Wawilow (ZenMEM) entwickelten Anwendung „CollAna“ angezeigt. In der Spalte „Monitum“ wurde angegeben, ob die Revisionen in den untersuchten Revisionsdokumenten des dritten Moduls auftauchen. Wenn die Änderung nachweislich von Beethoven autorisiert ist, wurde diese Spalte mit einem Häkchen versehen.

Für den Fall Op. 73 sind zwei Revisionsdokumente von Beethoven überliefert, eine Liste mit Revisionen der Solostimme (US-NYj, 31 B393cp no. 5 errata) und ein Brief mit einer Änderungsanweisung für die Violinstimme (D-BNba, Slg. H. C. Bodmer, HCB BBr 9; BGA 496, 6. Mai 1811), die möglicherweise bei der Plattenkorrektur der Leipziger Originalausgabe berücksichtigt wurden.
Allerdings sind in vielen Fällen solche Textzeugen der Anweisung der Änderungswünsche Beethovens, mit denen sowohl Fehler beseitigt als auch der Werktext weiterentwickelt wurde, verloren gegangen, da nach dem Korrekturvorgang derartige Dokumente oder Korrekturfahnen üblicherweise vernichtet wurden. Auch könnte es einen direkten (und deshalb undokumentierten) Austausch zwischen Beethoven und dem Verleger gegeben haben, im Zuge dessen Beethoven Änderungen übermittelte.
Wie Jens Dufner darlegt[1], war Beethoven für seine bereits veröffentlichten Werke redaktionell beachtlich aktiv, dennoch sind die Untersuchungen zu dieser letzten Schaffensphase auf Grund der nicht überlieferten Dokumente noch sehr schmal.
Die Änderungen, die durch den Druckplattenvergleich mit CollAna gefunden wurden, gehen zum Großteil auf Beethovens Autograph (D-B, Mus. ms. autogr. Beethoven, L. v. 15) zurück (d. h. die Stellen, die geändert wurden, sind im Autograph zum Großteil korrekt). Diese Korrekturen könnten ohne ein Revisionsdokument verlagsintern ausgeführt worden sein, wenn die korrekte Stichvorlage vorhanden war oder der Redakteur eindeutige musikalische Fehler beseitigte oder die Lesbarkeit des Drucks selbst verbesserte. Allerdings kann man nicht ausschließen, dass es noch weitere Revisionsdokumente zu diesem Werk gegeben hat, die Anweisungen enthielten, die weder im Autograph noch in den überlieferten Revisionsdokumenten auftauchen, aber für die Plattenkorrektur berücksichtigt wurden.

Vergleichsverfahren

In dieser Fallstudie wurden die erste Auflage (D-BNba, C 73/9) und die folgende (A-Wn, SH.Beethoven.323) der Leipziger Originalausgabe zu Op. 73 untersucht. Die beiden Quellen wurden zunächst vollständig im Tool CollAna geladen. Um die Revisionen sichtbar zu machen, wurde die spätere Auflage mit Hilfe des CollAna-Tools blau eingefärbt und der Hintergrund gelöscht, so dass die Notenseiten derselben Druckplatte beider Auflagen transparent übereinandergelegt werden können. Die Seiten passten allerdings nicht immer exakt übereinander, da sich einerseits die Druckplatten im Laufe der Zeit durch den Druck verformt haben, andererseits die beiden Quellen unter unterschiedlichen Bedingungen digitalisiert worden sind. In solchen Fällen wurden die Seiten oder ggf. auch Teile der Seiten mit Hilfe des CollAna-Tools so angepasst, dass die Notentexte genau übereinander stehen. Somit sind die Textänderungen sehr gut sichtbar. Die eingefügten Zeichen erscheinen in hellblau und die getilgten Stellen nur schwarz. All diese sichtbaren Änderungen wurden immer ganztaktig als Screenshot erfasst und in die Tabellen mit entsprechenden Kategorisierungen eingefügt.
Da viele Revisionen nicht in den vorhandenen Revisionsdokumenten dokumentiert sind, wurden solche Beispiele mit dem Autograph (D-B, Mus. ms. autogr. Beethoven, L. v. 15) verglichen, um zu prüfen, ob es sich um Beethovens Korrektur oder um verlagsseitig vorgenommene Eingriffe handelt. Bei Unklarheiten wurde unter der Spalte „Klassifizierung“ die Korrektur mit Fragezeichen angegeben.

Zu den Ergebnistabellen

RM


Anmerkung

[1] Vgl. Jens Dufner, Beethoven als Korrekturleser bei der Drucklegung seiner Werke, in: Edition zwischen Komponist und Verleger, hg. von Kathrin Kirsch und Armin Raab, im Druck.