Cleartext-Transkription

Umschrift als störungsfreier Notentext, der eine Textgestalt wiedergibt, die für Beethoven zu einem bestimmten Zeitpunkt seiner kompositorischen Arbeit gültig war bzw. nach deren Abschluss gültig geblieben ist. Im Unterschied zur diplomatischen Transkription verfährt eine Cleartext-Transkription isolationistisch, weil sie aus einem vielschichtigen Notat (siehe Textnarbe) eine einzelne Variante aufgreift und andere, im selben Notat erkennbare Varianten ausblendet bzw. in jeweils eigenen, gesonderten Cleartext-Transkriptionen separat darstellt. Metatexte (z. B. verschobener Notenuntersatz, Kanzellierungen, variante Tintenfärbung usw.) werden dabei nicht transkribiert. Sie liefern aber unverzichtbare Kriterien und Anhaltspunkte für die selektive Cleartext-Transkription, deren graphisches Erscheinungsbild heutigen Notationsnormen und -konventionen folgt. Die interpretationsbasierte Umschrift tritt somit als „klarer“ Text auf.
Die Genese eines mehrschichtigen Notats wird durch die zeitlich geordnete Reihung aller isolierbarer Textzustände (Varianten) rekonstruiert. Das Cleartext-Konzept basiert auf der Hypothese, dass auch ein skriptural verunklartes, d. h. mehrere Schreibschichten aufweisendes Notat in jeder einzelnen dieser Schichten (d. h. in allen isolierbaren Stadien der Niederschrift) als sinnvolle Zeichenbotschaft konzipiert wurde und deshalb auch als „klar“ lesbare, voneinander getrennte Momentaufnahme eines Textzustandes zu transkribieren ist.
Die editorische Selektion verschiedener, ineinander verschachtelter Varianten wird von Befund-Deutungen gelenkt: Eine Cleartext-Transkription gibt einen einzigen, temporär gültigen Text(zwischen)zustand (eine Lesart bzw. eine Variante) wieder, der durch die Interpretation metatextlicher Signale gewonnen wird: D. h. in der Cleartext-Transkription sind Befund und Deutung ununterscheidbar miteinander verbunden. Diese scheinbare Unschärfe wird durch die obligate digitale Verknüpfung von Faksimile und Cleartext-Transkription (SVG-Shapes) aufgehoben. Durch die minutiöse Verlinkung der Transkription mit dem Faksimile wird die Beziehung zwischen Befund und Deutung transparent, weil diese Relation zeichenbezogen gezeigt (Deixis) und somit überprüfbar wird. Eine Cleartext-Transkription ist demnach zwingend auf eine digitale Präsentationsform angewiesen und für eine konventionelle Buchpublikation ungeeignet.
Die Richtlinien zur Cleartext-Transkription finden sich hier.

BRA
Version 2.0.0

Cleartext, Version 1.0.2

Störungsfreier Notentext, der eine Textgestalt wiedergibt, die für Beethoven zu einem bestimmten Zeitpunkt seiner kompositorischen Arbeit gültig war (siehe auch Variante) bzw. nach deren Abschluss gültig geblieben ist.

Dabei ist das Adjektiv „clear“ im doppelten Sinn zu verstehen: Der Text wird in einer „klaren“, eindeutigen und Konventionen folgenden Notation wiedergegeben, d. h. er ist von allen Metatexten befreit. Zum anderen „klärt“ der Cleartext einen textlichen Befund.
Demnach sind Cleartexte philologische Konstrukte: Sie basieren auf Quellenbefunden, die unter Berücksichtigung der Metatexte gedeutet und in eine redigierte Transkription überführt werden. Zwischen der originalen skripturalen Erscheinungsform eines Textes im digitalen Faksimile und seiner Transkription als Cleartext besteht demnach kein streng diplomatisches Wiedergabeverhältnis, sondern ein Übersetzungsverhältnis, das durch redigierende Maßnahmen geregelt wird. Diese Art von Transkription enthält Ergänzungen und Standardisierungen, die das Erfassen des musikalischen Inhalts des Textes erleichtern und durch die Lesemissverständnisse vermieden werden sollen. Bedarfsweise wird der Cleartext mit Kommentaren versehen.

EN
Version 1.0.2