Modul 1: Variantendarstellung in symphonischen, kammermusikalischen und vokalen Werken
Das zwei Jahre (2014–16) umfassende 1. Modul beschäftigt sich mit Variantenbildungen in ausgewählten Werken Beethovens. Die gewählten Fallbeispiele stammen aus den Gattungen Symphonie, Kammermusik, Klaviermusik und Lied. Untersucht werden Textnarben mit Entstehungsvarianten in folgenden Werken: Klaviersonate c-Moll op. 111, Streichquartett C-Dur op. 59/3, Lied Neue Liebe, neues Leben op. 75/2, 8. Symphonie op. 93, Messe C-Dur op. 86, Duett mit zwei obligaten Augengläsern WoO 32. Als Quellen für die textgenetischen Untersuchungen dienen Beethovens Werkniederschriften. Bei einem Großteil der Werke kann auf hochauflösende Digitalisate des Beethoven-Hauses zurückgegriffen werden.
Die genetische Analyse konzentriert sich jeweils nur auf einen einzigen, mit mehreren Varianten befrachteten Abschnitt eines Arbeitsmanuskripts. Lediglich die textgenetische Aufarbeitung des Duetts mit zwei obligaten Augengläsern WoO 32 nimmt einen vollständigen Satz in den Blick. Ziel des 1. Moduls ist die Erfassung, Erforschung und Beschreibung sowie die digitale Darstellung von Beethovens Kompositionsstrategien unter verschiedenen Fragestellungen: Wie bzw. inwieweit kann man Schreibprozesse und deren Zeitlichkeit rekonstruieren? Mit welchen Methoden der genetischen Textkritik lassen sich Variantenbildungen erfassen und darstellen? Lassen sich Variantenbildungen klassifizieren und Arbeitsroutinen erkennen? Gibt es gattungsbedingte Unterschiede bei der Variantenbildung?
In der Auseinandersetzung mit den genannten Beispielen wurden unterschiedliche textgenetische Konzepte und damit einhergehend Möglichkeiten der digitalen Umsetzung entwickelt: Sie betreffen u. a. die Variantenabfolge, die zwischen Varianten bestehende Invarianz und die Rekonstruktion des Schreibprozesses.
Für die digitale Präsentation war die Erweiterung eines Modells zur Codierung textgenetischer Prozesse in MEI notwendig. Am Ende des 1. Moduls steht die Systematisierung und digitale Darstellung der bearbeiteten Fallstudien in der im Projekt entwickelten Anwendung VideApp-Var. Die terminologische Grundlage für diese Arbeiten wurde durch die Erstellung eines Glossars gelegt.
Publikationen in Modul 1
Digitale Fallstudien/Software
- Fallstudie 1 (Variantendarstellung)
- Sonate für Klavier c-Moll, op. 111
- Software-Dokumentation: Wie funktioniert der Prototyp 1
- Fallstudie 2 (Schreibschichten und Invarianz)
- Streichquartett C-Dur, op. 59/3
- Software-Dokumentation: Wie funktioniert der Prototyp 2
- Genetic Sandbox
- Streichquartett C-Dur, op. 59/3
- Lied Neue Liebe, neues Leben, op. 75/2
- Software-Dokumentation: Die Genetic Sandbox als Werkzeug in Beethovens Werkstatt
- VideApp-Var
- Lied Neue Liebe, neues Leben, op. 75/2
- Duett mit zwei obligaten Augengläsern, WoO 32
- 8. Symphonie in F-Dur, op. 93
- Software-Dokumentation: Erläuterungen und Funktionsweise der VideApp-Var
Texte
- Abschlussbericht zu Modul 1
- Dokumentation und Zwischenbilanz (2014–2017): Zu den Herausforderungen der Softwareentwicklung
- Erkenntnisgrenzen: Schreibchronologie bei Orchestrierungsvarianten: ein Beispiel aus Beethovens Messe C-Dur op. 86
- Prototypen: Erprobung neuer Darstellungsformen zur Variantendarstellung
- Richtlinien für die Cleartext-Transkription
Eigene Veranstaltung mit Publikation
- Expertengespräch zur genetischen Textkritik im Bereich Musik (26.–27. November 2015, Mainz)
Glossarbeiträge
Die folgenden Glossarbeiträge entstanden im 1. Modul (Glossarbeiträge aus allen Modulen siehe Glossar).
- Critique génétique
- Cue staff
- Digitale Musikedition
- Genetische Taktzählung
- Intervention
- Invarianz
- Kohärenz
- Korrektur
- Leitstimme
- Metatext
- Mikrochronologie
- Progression
- Rasur
- Redaktion
- Revision
- Scharnier
- Schreibmittel
- Schreibmittelwechsel bzw. Schriftfarbwechsel
- Schreibraum
- Schreibschicht / Textschicht
- Skriptur
- Streichung
- Textnarbe
- Textsicherung
- Textstufe
- Textualisierung
- Textwegweiser
- Textzustand
- Über-Schreibung
- Um-Schreibung
- Variante
- Verbalanmerkungen