Kurzinfo zu den Perspektiven der VideAppArr
Die VideApp Arr[angements] wurde entwickelt, um Unterschiede und Gemeinsamkeiten von „Werkfassungen“ auf der Basis maschineller Berechnungen aufzeigen zu können. Im Mittelpunkt des Moduls 2 von Beethovens Werkstatt stehen dabei Beethovens eigene Bearbeitungen seiner Werke. Um den Benutzer*innen eine einfache Orientierung zu ermöglichen, sind jeweils die originale Werkfassung und ihre Bearbeitung in dieser App synoptisch miteinander verknüpft.
Auch im Falle des in der Installation Inside Beethoven in neuartiger Weise klanglich zugänglich gemachten Septetts op. 20 und der zugehörigen Trio-Version op. 38 ist die Trio-Fassung der originalen Septett-Version so unterlegt, dass ein taktweises Vergleichen auf einen Blick möglich ist. Wie die Verwandtschaftsbeziehungen zweier Fassungen dabei im Detail aussehen können, ist Schwerpunkt der Untersuchungen des Projekts. Dazu wurden digitale Werkzeuge entwickelt, die die Beziehungen beider Fassungen detaillierter in den Blick nehmen. Grundlegend für den Vergleich sind dabei drei Kategorien:
1) die unverändert übernommenen Textteile (als „Invarianz“ bezeichnet),
2) veränderte, aber dennoch in einem nachweisbaren Verwandtschaftsverhältnis stehende Textteile („Varianz“) und
3) Textelemente, die keinerlei strukturelle Beziehung zum Bezugstext aufweisen („Differenz“).
Entscheidend ist für Beethovens Werkstatt, dass die Untersuchung dieser Phänomene computergestützt erfolgt und die damit erzielten Ergebnisanzeigen wiederholbar bleiben, da auf einer einzigen, gemeinsamen Datengrundlage operiert wird, die die Notentexte in eine maschinenlesbare Codierung überführt. Der dabei verwendete, für wissenschaftliche Zwecke entwickelte Standard (das sogenannte MEI-Format) hat zugleich den Vorteil, auch menschenlesbar und sogar für Nicht-Informatiker*innen gut kontrollierbar zu sein. Alle angezeigten Notensätze werden mit Hilfe dieses Formats und der Rendering-Bibliothek Verovio erzeugt, was im Hintergrund auch einen Vergleich der jeweiligen Fassungen unter verschiedenen Gesichtspunkten erlaubt.
Die zwischen zwei Fassungen bestehenden Verwandtschaftsbeziehungen, die strukturellen Gemeinsamkeiten oder Unterschiede, aber auch die kompositorische Bearbeitungspraxis, die zur jeweiligen Parallelfassung führt, können aufgrund ihrer hohen Komplexität nicht sinnvoll in einer Darstellungsform vereint bzw. mit einem Blick wahrgenommen werden. Deshalb wird die synoptische Gegenüberstellung beider Fassungen zunächst als simpler Basisnotentext in Form der (1) Fassungssynopse präsentiert, mit der die Nutzer zunächst einen unverstellten Blick auf die synchronisierten Notentexte erhalten.
Während hier mit dem reinen, unkommentierten Notentext frei operiert werden kann (z. B. durch farbliche Markierung von einzelnen Noten, Motiven oder Passagen), ermöglichen die anderen Perspektiven den Vergleich der Fassungen unter verschiedenen, durch die Werkzeuge vorgegebenen Blickwinkeln. Deren Vergleichsergebnisse werden automatisch digital errechnet und angezeigt: unter dem Blickwinkel der (2) Bearbeitungsmaßnahmen, unter der Perspektive des (3) Einzelnotenvergleichs und hinsichtlich der (4) Stimmenkonturen.
Weitere Perspektiven (darunter ein Harmonievergleich oder eine Darstellung der jeweiligen Ereignisdichte) sind in Arbeit.
Zu allen dargebotenen Werken und Perspektiven sind ausführliche Erläuterungstexte vorhanden, die auf dieser Website unter „Modul 2“ zu finden sind.